Der Pflegeaufwand betrug 3.500 Minuten, Pflegefachpersonen waren in einem Zeitraum von 3.000 Minuten anwesend. Es fehlten also 500 Minuten an Pflegenden. Dieses fiktive Beispiel veranschaulicht, wie die neue Pflegepersonalbemessung PPR 2.0 für eine Station funktionieren könnte. Doch bevor sie in allen Kliniken Einzug hält, wird sie 2023 in freiwillig teilnehmenden Krankenhäusern getestet. Ab Januar 2024 wird sie dann verpflichtend und ab 2025 scharf geschaltet – sprich, es soll Sanktionen geben, wenn Kliniken die Vorgaben nicht einhalten. Wie genau die Vorgaben aussehen werden, ist noch unklar. Genau daran entfacht sich die Kritik der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz und auch der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Sie fürchten Vorgaben nach Kassenlage, denn der Finanzminister hat ein Vetorecht. Die PPR 2.0 könne nur zur Entlastung beitragen, wenn sich die Patientenzahl am zur Verfügung stehenden Personal orientiere, sagt der Präsident der Landespflegekammer, Dr. Markus Mai. „Das ist aber so explizit nicht vorgesehen, sondern nur Abschläge, die eine Mangelbesetzung inklusive einer Qualitätsverschlechterung und Belastungserhöhungen leider nicht ausschließen.“ Die Kammer hoffe, so Mai, dass die PPR 2.0 sich nicht nur als eine weitere Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme entpuppe. Tatsächlich müssen Pflegefachpersonen jeden Patienten täglich anhand verschiedener Kategorien (Allgemeine Pflege und Spezielle Pflege) einschätzen. „Bei 15 Patienten ist das aber – wenn überhaupt – eine halbe Stunde Arbeit“, schätzt Pflegedirektor Arne Evers – er arbeitet im St. Josefs-Hospital Wiesbaden, das die PPR 2.0 schon einmal getestet hat. Die PPR 2.0 ist Teil des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes, das am 2. Dezember im Bundestag verabschiedet wurde. Aber sie ist nicht in Stein gemeißelt und soll, so heißt es im Gesetz, weiterentwickelt werden. „Das interpretieren wir so“, sagt Mai, „dass abseits der PPR 2.0 ein neues Instrument entwickelt wird.“
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Personalbemessung
29. Dezember 2022
Wie viele Pflegende brauchen wir?
Erstmals seit rund 25 Jahren wird es für die Pflege im Krankenhaus wieder eine Personalbemessung geben – mit dem Instrument PPR 2.0. Welche Vor- und Nachteile hat es? Was bedeutet es für die Arbeit auf Station?