Ja sagen zu einem Ehrenamt, Freizeit hergeben, sich in den Dienst einer Sache stellen – und das nach Jahren in der Pflege, einem Beruf, der ohnehin so vieles abverlangt? Klingt erst einmal wenig verlockend. Und lohnt sich doch, wie das Beispiel von Bernd Sturm zeigt. So oft es ihm möglich ist, übernimmt der Pflegefachmann ehrenamtlich den Vorsitz bei Abschlussprüfungen in den Weiterbildungen zur perioperativen Pflege und zur Praxisanleitung in den Pflegeberufen. Dass er als Vertreter der Pflegekammer Rheinland-Pfalz im gesamten Bundesland prüfen kann, bedeutet für ihn nicht nur, einen Beitrag zu leisten bei der Qualifikation von dringend benötigten Fachkräften. Darüber hinaus habe die Tätigkeit als Prüfer auch sein eigenes Verhalten geprägt, sagt Sturm. „Ganz besonders hat sie mir zu der Erkenntnis und Fähigkeit verholfen, Entscheidungen mit Ruhe und Gelassenheit zu fällen.“
Welche Voraussetzungen Sie brauchen
Um den Vorsitz über einen Prüfungsausschuss führen zu können, braucht es eine Ausbildung in den Pflegefachberufen, eine Weiterbildung in dem entsprechenden Prüfungsgebiet und einen Hochschulabschluss in Pflegepädagogik oder einen vergleichbaren Studiengang. (zu den formalen Kriterien siehe Kasten Seite 37). Grundsätzlich steht jedem, der sich für die Aufgabe interessiert und der die genannten Voraussetzungen erfüllt, der Weg offen, sich bei der Pflegekammer in Mainz zu bewerben. „Ich bin über meine Kontakte als ständiges Mitglied der Expertengruppe der Fachweiterbildung für perioperative Pflege direkt von der Kammer angefragt worden, ob ich mir diese Tätigkeit vorstellen könnte“, so Sturm. Die Abläufe waren ihm durchaus vertraut: Von 1988 bis 2020 arbeitete er als leitender Lehrer für Pflegeberufe in der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich des Funktionsdienstes (OP, Ambulanz, Endoskopie und Praxisanleitung) in einer Weiterbildungsstätte – und führte dort jedes Jahr auch die entsprechenden Prüfungen durch. Die ehrenamtliche Arbeit für die Pflegekammer bietet ihm nun die Gelegenheit, auch aus dem Ruhestand heraus in diesem Bereich weiter aktiv zu bleiben.
Prüfen als Repräsentant der Kammer
Vier Prüfungen mit insgesamt 55 Teilnehmern hat Sturm voriges Jahr bereits als Repräsentant der Pflegekammer Rheinland-Pfalz geleitet. Zu jeder Abschlussprüfung schreibt die Pflegekammer ihre fachlich infrage kommenden Prüfer an, und informiert im Anschluss die Bildungsstätten, wer von ihnen den Vorsitz und die Stellvertretung innehaben wird. Wann immer es um seine Themenfelder geht und die Termine zeitlich passen, sagt Bernd Sturm gern zu: Im Vorfeld lässt er sich dann von den Weiterbildungsinstituten die jeweiligen Themen der Abschlussarbeiten nennen. An den Prüfungstagen sichtet er vor Ort die Unterlagen, Modulprüfungen und Facharbeiten der Schüler. „Der Prüfungsvorsitzende hat die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Abschlussprüfung. Er ist selbst prüfungsberechtigt, das heißt, er kann während der mündlichen Prüfung eigene Fragen stellen, muss es aber nicht. Und schließlich setzt er gemeinsam mit den drei Prüfern aus der jeweiligen Weiterbildungsstätte die Noten der Absolventen fest“, sagt Sturm.
Halten Sie sich mit Fachlektüre fit!
Meist werden für die Prüfungen vor Ort zwei Tage veranschlagt, um den Teilnehmerzahlen gerecht zu werden. Je nach Prüfungsort können kürzere oder längere An- und Abreisen sowie gegebenenfalls eine Übernachtung anfallen. „Um mich persönlich für die Prüfungen im Bereich der Funktionsweiterbildung, Praxisanleitung und der Fachweiterbildung für perioperative Pflege fit zu halten, beschäftige ich mich zudem mit der entsprechenden Fachlektüre. Das betrachte ich jedoch nicht ausschließlich als Aufwand für die Prüfungstätigkeit, sondern auch als persönliche Wissensbereicherung“, erklärt Sturm.
4 hilfreiche Soft-Skills
Die formalen Anforderungen zu erfüllen und die eigene fachliche Expertise mitzubringen, das allein macht noch keinen guten Prüfungsvorsitzenden aus. Er selbst punktet, wenn er sich in seiner Rolle wirklich wohlfühlt, seine Aufgabe souverän und gelassen wahrnimmt. Von Vorteil für die Aufgabe sei es, beispielweise folgende Eigenschaften zu den eigenen Stärken zählen zu können, so Sturm:
• ein ruhiges und freundliches Wesen – aufgeregt sind alle ohnehin zur Genüge,
• Kontaktfreudigkeit,
• Neugier und Lust auf Neues,
• Teamfähigkeit – denn jede Prüfung ist letztlich Teamarbeit.
Pro Teilnehmenden gibt es 30 Euro
Für das ehrenamtliche Engagement erhält jeder Ausschussvorsitzende eine Aufwandsentschädigung von 30 Euro pro Teilnehmenden, zusätzlich werden die Hin- und Rückfahrt sowie gegebenenfalls anfallende Übernachtungskosten von der Pflegekammer erstattet. Der eigentliche Lohn der Arbeit liegt für Sturm aber vielmehr noch „in dem Kontakt zu Kollegen, die man teilweise schon seit Jahren kennt, jedoch nur selten sieht, und in den guten Gesprächen mit ihnen“. Zur Sonnenseite der Tätigkeit gehöre auch, die Erleichterung der Absolventen mitzuerleben, wenn sie nach Monaten des Lernens endlich ihre Zeugnisse und Urkunden in den Händen halten – und ebenso, an der Freude des Kollegiums teilzuhaben, das wiederum einen Kurs erfolgreich abschließen kann. Und die Schattenseite? „Da muss ich nicht lange überlegen“, sagt Sturm, „tatsächlich habe ich noch keine gefunden.“ Stattdessen könne das Engagement als Vorsitzender durchaus auch berufliche Vorteile bringen. „Denn auf diese Weise erhält man die Möglichkeit zu sehen, wie Kollegen die Rahmenvorgaben der Weiterbildungsordnung zu den einzelnen Weiterbildungen praktisch umsetzen, und sich über die curriculare Ausführung auszutauschen.“
Prüfungen, die sich einprägen
Eine Abschlussprüfung, die Sturm besonders in Erinnerung geblieben ist, fand in der Weiterbildung OP-Fachpflege statt: „In diesem mündlichen Examen wurde eine Teilnehmerin in den Fachbereichen Chirurgie und Traumatologie durch den Chefarzt der Chirurgie geprüft, der zugleich Dozent an der Weiterbildungsstätte war. Jede seiner Fragen konnte sie ausführlich beantworten. Doch er selbst driftete im Verlauf immer weiter in den Bereich Fragen zur Facharztprüfung ab, ohne es zu bemerken – letztlich konnte ihn nur mein Eingreifen noch stoppen. Vom Fachwissen der Teilnehmerin aber war er schlichtweg begeistert“. (lin)
Formale Kriterien für die Benennung als Prüfer durch die Pflegekammer Rheinland-Pfalz
Benannt werden für die Gruppe der Prüferinnen und Prüfer können Personen, die über folgende Qualifikation verfügen:
1. Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Pflegefachfrau/-mann, Altenpfleger/-in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in oder Gesundheits- und Krankenpfleger/-in
2. Weiterbildungsbezogen
2.1. Bei den Funktionsweiterbildungen: „Praxisanleiter/in in den Pflegeberufen“ oder „Führen und Leiten einer Pflege- oder Funktionseinheit in der Akut- und Langzeitpflege“ oder einen vergleichbaren Abschluss (z. B. Pädagogik- oder Managementstudium).
2.2. Für Prüfungen in den Fachweiterbildungen: Erlaubnis zur Führung der jeweiligen Weiterbildungsbezeichnung, auf die sich die Weiterbildung bezieht. Für Weiterbildungsbezeichnungen, die aufgrund staatlicher Regelungen (in anderen Bundesländern) erworben wurden, gilt Bestandsschutz.
3. Pädagogisches Hochschulstudium mindestens auf Bachelorniveau (Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe haben Bestandsschutz)
Sie haben Interesse als Prüfer zu arbeiten?
Dann rufen Sie die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz an (06131-327 3855) oder schreiben Sie eine Mailan info.bildung@pflegekammer-rlp.de
Mehr über die Arbeit der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz lesen Sie in der Ausgabe #23 des Kammermagazins.