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Foto: Annie Spratt

Pro und Kontra

Tattoos in der Pflege

In vielen Branchen sind Tätowierungen ein Tabu. Nicht so in der Pflege. Doch für die Karriere sind gut sichtbare Tattoos auch hier eher hinderlich.

Muss ich als Bewerber mit einer Absage rechnen, wenn ich sichtbare Tattoos trage? Das Uniklinikum Schleswig-Holstein beantwortet diese Frage bereits in seinem offiziellen Werbevideo im Netz: In diesem sind deutlich die beidseitig tätowierten Unterarme einer jungen Pflegefachperson zu sehen. Für die Uniklinik sind Tattoos also kein Tabu. Und selbst die unter Bewerbern so beliebte Mayo Clinic im US-Bundesstaat Minnesota hat für seine gut 56.000 Mitarbeiter in diesem Jahr einen neuen Dresscode erstellt: Ärzte und Pfleger dürfen sich nun auch sichtbar tätowieren lassen.

Auffällige Tattoos in der Pflege – ja oder nein?

Selbst in Großbritannien, wo der Dresscode für Pflegefachpersonen traditionell sehr streng ist, gibt es keine offiziellen Vorgaben. Man könne dies höchstens in individuellen Beschäftigungsverhältnissen regeln, betont Ann Brown vom Nursing and Midwife Council (NMC), der englischen Pflegekammer. Sehr britisch formuliert die NMC-Pressestelle: Bei sehr auffälligen Bemalungen könne man schon fragen, ob das wirklich förderlich sei oder eher nicht.

Für Ugur Cetinkaya, der in Ruhpolding die Seniorenresidenz SenVital leitet und vom Bundesverband Pflegemanagement zum Nachwuchs-Pflegemanager 2017 gekürt wurde, sind Tattoos bei seinen Mitarbeitern jedenfalls „grundsätzlich gar kein Problem“. Wenn Bewohner sich daran stören sollten, müssten diese sich ein neues Heim suchen, nicht der tätowierte Pfleger, so seine Devise.

Bitte nicht im Gesicht tätowieren!

Andere sehen das weniger locker. Etwa Karl-Heinz Stolz, der bis zu seinem Ruhestand als gelernter Krankenpfleger etliche Leitungsfunktionen innehatte und die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz mitbegründet hat: „Es kommt auf den Einzelfall an. Wenn das Tattoo klein, an unsichtbaren Stellen ist oder man es mit Dienstkleidung verdecken kann, ist es okay. Größere Tattoos an sichtbaren, nicht abdeckbaren Stellen sind unpassend. Eine Einrichtung sollte das klar kommunizieren. Im Gesicht geht ein Tattoo gar nicht.

Tattoos können Patienten verunsichern

Frank Mühle, Pflegedienstleitung der Katholischen Sozialstation Haus St. Mo­nika in Stuttgart-Neugereut, lehnt vor allem Tattoos im Gesicht kategorisch ab. „Die Leute wissen nicht, was sie tun“, meint er und warnt: „In leitenden Positionen haben Sie mit Tattoos generell schlechte Karten. Es geht im Pflegeberuf ja auch um Vertrauenswürdigkeit. Viele ältere Menschen verbinden Tätowierungen aber mit Hallodris. Das schürt Unsicherheit bei den Patienten.“

Tattoos in der Pflege: Das richtige Maß finden

Beschwerden von Patienten über tätowierte Pflegende habe er bislang noch nicht erlebt, sagt Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. „Wir thematisieren das nicht in Bewerbungsgesprächen. Man sollte das Thema ja auch nicht größer machen, als es ist.“ Trotzdem wirbt auch er für mehr Zurückhaltung: „Selbst, wenn die gesellschaftliche Akzeptanz für Tattoos da ist, sollte man sich gut überlegen, ob man sich lebenslang so präsentieren möchte. Meinen Kindern habe ich von Tattoos abgeraten.“

Es komme aufs Motiv an, findet Dennis Zöphel. Der Düsseldorfer Altenpfleger und Blogger hat sich zwar selbst (noch) kein Tattoo zugelegt, überlegt aber, ob er sich noch eines stechen lassen soll. „Ein großer Totenkopf etwa auf dem Arm ist gerade in der Altenpflege unangebracht. Auch eine nackte Frau als Motiv hat dort nichts zu suchen.“

Autorin: Birgitta vom Lehn

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