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Wissenschaft hautnah

Sturzmanagement - so wichtig wie Sturzprävention

Nach einem Sturz kann über die Hälfte der allein lebenden älteren Menschen nicht mehr eigenständig aufstehen oder Hilfe holen. Bei 15 Prozent der Gestürzten entstehen Liegezeiten von über einer Stunde, leicht kommt es so zu einem Liegetrauma.

Nach einem Sturzgeschehen benötigen ältere Menschen überwiegend Unterstützung beim Aufstehen. Da die Mehrheit jedoch den Großteil des Tages alleine in der eigenen Häuslichkeit verbringt, ist Hilfe nicht immer direkt verfügbar. Das Sturzereignis kann somit Stunden bis Tage dauern und weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Durch die coronabedingten Kontakteinschränkungen verschärft sich diese Situation zusätzlich. Es ist daher dringend notwendig, bei älteren Menschen nicht nur eine Sturzprävention, sondern auch ein Sturzmanagement durchzuführen.

Sturzmanagement ergänzt Sturzprävention

Ältere Menschen verfügen häufig nicht über das Wissen, wie sie sich trotz ihrer Einschränkungen nach einem Sturz effektiv fortbewegen oder vom Boden aufstehen können. Trotz reduzierter Muskel- und Gelenksfunktionen in Kombination mit Schwäche und Gleichgewichtsstörungen versuchen sie häufig aus der direkten Rückenlage aufzustehen, was häufig zu erneuten Stürzen führt.

Handlungsempfehlungen

Voraussetzung für ein erfolgreiches Sturzmanagement ist die Bereitschaft der älteren Personen, sich an einem Notfallplan für das Vorgehen nach einem Sturz zu beteiligen. Es ist notwendig, dass Betroffene zunächst das eigene Sturzrisiko erkennen und die damit verbundene Bedeutung eines Notfallplanes erfassen. Da die Maßnahmen mit Gefühlen von Vulnerabilität und Identitätsverlust einhergehen, müssen die sturzgefährdeten Personen für die Veränderungen bereit sein. Es ist entscheidend, dass sie in alle Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden.

Auf Grundlage der Ursachen eines Liegetraumas ergeben sich die Maßnahmen für ein Sturzmanagement:

1. Die Betroffenen sollen zunächst lernen, wie sie sich effektiv auf dem Boden bewegen können, um sich warm zu halten und Hilfe zu holen. Erst wenn sie dies erfolgreich umsetzen, können Übungen durchgeführt werden, wie man vom Boden aufstehen kann. Hierbei empfiehlt es sich, physiotherapeutische Fachkräfte miteinzubeziehen.

2. Die Betroffenen erhalten eine ausführliche Beratung zu technischen Systemen wie dem Hausnotruf, Falldetektoren, Pagern, Mobiltelefonen oder GPS-Trackern. Hierbei ist es wichtig, über die Reichweite der Systeme sowie über deren Anwendung und Funktion aufzuklären. Zudem muss den älteren Personen die Angst vor einer Nutzung genommen werden. Bisher verwenden ältere Gestürzte den Hausnotruf trotz Besitz kaum, da sie Krankenhauseinweisungen oder einen Umzug in eine stationäre Langzeiteinrichtung befürchten.

3. Die Betroffenen sollten enge persönliche Beziehungen nutzen und tägliche Kontrollanrufe vereinbaren, in denen über das Wohlbefinden berichtet wird. Sobald auf den Telefonanruf nicht reagiert wird, sollte der Zustand der Person vor Ort überprüft werden, um ein Sturzgeschehen auszuschließen.

Es bietet sich an, dass die sturzgefährdeten Personen die Maßnahmen des Notfallplans demonstrieren und üben. Häufig haben die älteren Personen unrealistische Erwartungen an die eigenen Fähigkeiten. 

Versorgung bei Liegetrauma

Da das Liegetrauma im deutschsprachigen Raum keine eigenständige Diagnose darstellt, bestehen derzeit weder ein Behandlungspfad noch speziell auf das Liegetrauma bezogene Maßnahmen. Die Versorgung der Gesundheitsstörung ist selten ganzheitlich, interdisziplinär sowie Setting–übergreifend.  (Autoren: Jenny Kubitza,  M.Sc. Pflegewissenschaft, Univ.-Prof. Dr. Margit Haas, Pflegewissenschaft)

Info:

Im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickeln Pflegewissenschaftler der Universität Trier einen Leitfaden zur Versorgung eines Liegetraumas. Hierzu werden Gespräche mit Betroffenen sowie mit den Versorgenden geführt.

Falls Sie Betroffene kennen oder sich an dem Projekt beteiligen möchten, kontaktieren Sie Jenny Kubitza, wissenschaftl. Mitarbeiterin der Uni Trier, kubitza@uni-trier.de, oder rufen Sie unter 0651.201-4683 an.

Mehr über die Arbeit der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz lesen Sie in Ausgabe #24 des Kammermagazins.

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