Frage: Stimmt es, dass freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) nur noch für 30 Minuten durchgeführt werden dürfen? Auf unserer Intensivstation wird teilweise länger fixiert, gelten da die gleichen Regeln?
Grundsätzlich stellt jede freiheitsentziehende Maßnahme einen Eingriff in die grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte der betreffenden Person dar. Eine Freiheitsberaubung nach § 239 StGB liegt vor, wenn ein Mensch ohne Einwilligung in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Wenn keine Einwilligung vorliegt, muss ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB vorliegen, das heißt, eine akute Gefahr für Leib und Leben der betroffenen Person, die durch die Freiheitsbeschränkung als angemessene und notwendige Maßnahme abgewendet wird. Eine freiheitsentziehende Maßnahme muss also angemessen, notwendig und geeignet sein und darf selbst nicht zur Gefährdung führen (muss also fach- und sachgerecht erfolgen und die Person muss dabei engmaschig überwacht werden). Grundsätzlich hat der behandelnde Arzt oder Ärztin die medizinische Indikation festzustellen sowie Art und Dauer der Maßnahme anzuordnen. Das Bundesverfassungsgericht stellte 2018 klar, dass ab einer Dauer von 30 Minuten eine richterliche Genehmigung einzuholen ist. Hierzu müssen die Gerichte an Wochenenden einen Bereitschaftsdienst zwischen 6 und 21 Uhr sicherstellen.
Wir wissen aus der Praxis, dass auf Intensivstationen sogenannte „leichte Fixierungen“ vorgenommen werden, bei denen nur die Arme festgebunden werden, um ein versehentliches Entfernen von Zu- und Ableitungen zu verhindern (etwa bei Endotrachealtubus). Auch gibt es immer wieder Berichte darüber, dass Gerichte über diese „leichten“ Fixierungen nicht informiert werden müssten. An dieser Stelle empfehlen wir eine entsprechende Abklärung zwischen der jeweiligen Einrichtung und dem zuständigen Amtsgericht, in welchen Situationen eine Information an das Gericht bzw. eine richterliche Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme erforderlich ist. Empfehlenswert ist auch eine fachlich und juristisch abgestimmte Verfahrensanweisung zur Indikationsstellung und Durchführung von freiheitsentziehenden Maßnahmen, in der diese Information für alle zugänglich festgehalten wird. Dies dient der Rechtssicherheit des behandelnden Teams. Darüber hinaus sollte die Einrichtung sicherstellen, dass die Beschäftigten sowohl in der Durchführung von freiheitsentziehenden Maßnahmen als auch in der konkreten Rechtslage geschult sind.
Angehörige haben im Zimmer der zu versorgenden Person mit Pflegebedarf eine Videokamera zur Überwachung aufgestellt. Ist das erlaubt?
Grundsätzlich besteht das Recht auf die sogenannte informationelle Selbstbestimmung. Es beschreibt das Recht jeder einzelnen Person, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen. Dieses Recht gilt grundsätzlich auch für Menschen, die diese Entscheidung nicht äußern können. Auch bei Videoaufnahmen von Personen oder ihres höchstpersönlichen Lebensbereiches handelt es sich um eine Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Einschränkungen sind in der Regel nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa wenn die betreffende Person einer Videoüberwachung zugestimmt hat, sie der Erfüllung von Vertragspflichten dient oder wenn damit ein lebenswichtiges Interesse der betreffenden Person oder eines Dritten geschützt wird. Die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen ist eine Straftat (§ 201a StGB). Darüber hinaus legt die Berufsordnung der Landespflegekammer RLP in § 15 fest, dass die Kammermitglieder das informationelle Selbstbestimmungsrecht der ihnen anvertrauten Menschen mit Pflegebedarf zu wahren haben. Wenn Sie also von einer Videoüberwachung einer Ihnen anvertrauten Person mit Pflegebedarf Kenntnis erlangen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen hierzu erfüllt sind. Dies kann zum Beispiel gemeinsam zwischen der Einrichtung und der betreffenden Person mit Pflegebedarf und dessen Familie geklärt werden. Gegebenenfalls muss der betriebseigene Datenschutzbeauftragte oder übergeordnet der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz hinzugezogen werden: https://www.datenschutz.rlp.de/de/themenfelder-themen/kontakt/