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Foto: Studio Rimbach
Prof.  Dr. Renate Stemmer: „Die berufliche Entwicklung selbst in die Hand nehmen!“

Prof. Dr. Renate Stemmer

Mit Mut und Neugierde

Neugierde und Mut sind für Prof. Dr. Renate Stemmer Triebfedern für Veränderung. Die Professorin ist sich sicher, dass Pflegefachpersonen den Schlüssel zur Veränderung unseres Gesundheitswesens in der Hand halten.

V ermutlich wäre niemand erstaunter gewesen als Renate Stemmer selbst, wenn ihr jemand 1979 erzählt hätte, dass sie eines Tages Professorin für Pflegewissenschaft und Pflegemanagement sein würde. „Es gab in Deutschland schlicht und ergreifend keine pflegebezogenen Studiengänge und folglich keine Vorbilder“, erinnert sie sich. Aber nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester am St. Marien-Hospital in Hamm stellte sich die damals 20-Jährige erstmals die Frage: Wie kann ich mich beruflich entwickeln? Was gehört alles zur Pflege? „Ich war neugierig, hatte Lust darauf, etwas auszuprobieren, und der Pflegeberuf bietet viele Möglichkeiten.“

Ihre ersten beruflichen Erfahrungen machte Renate Stemmer auf einer internistischen Allgemeinstation. Dem folgte eine Weiterbildung zur Anästhesie- und Intensivpflegekraft, später eine Weiterbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe. Je mehr sie sich mit dem Beruf auseinandersetzte, desto klarer wurde ihr, dass sich für die Pflegeprofession dringend etwas verändern muss – dass eine Erneuerung aber nicht von außen kommen wird, sondern die Berufsgruppe selbst den Wandel herbeiführen muss. „Wir sind 1,2 Millionen, wir können die Gesundheitsversorgung maßgeblich mitgestalten“, ist sie damals wie heute überzeugt. Damals, das war 1991. Anders als heute gab es in Deutschland keinen akademischen Abschluss im Bereich Pflege. Also wählte die 1959 Geborene einen der seinerzeit üblichen Umwege und studierte Diplompädagogik an der Bergischen Universität Wuppertal. „Das Studium hat mir, obwohl ich ja bereits eine Reihe von Fort- und Weiterbildungen gemacht hatte, neue Horizonte eröffnet und Optionen aufgezeigt.“

Schon immer war ihr klar, dass Verbände und Kammern für den Pflegeberuf viel bewirken können. Aber über die Strahlkraft der Wissenschaft hatte sich die Mainzerin bis zu diesem Zeitpunkt wenig Gedanken gemacht. Eine Promotion war für sie der nächste logische Schritt. Als sie im März 2000 einen Ruf an den Lehrstuhl für Pflegewissenschaft und Pflegemanagement der Katholischen Hochschule Mainz erhielt, war sie selbst überrascht, auf ihrem beruflichen Weg so weit gekommen zu sein. Jetzt konnte sie systematisch in den Bereichen Pflegeklassifikation, Pflegeorganisation, Qualitätsmanagement, Pflegeprozess sowie Pflege Demenzerkrankter forschen, um die Qualität der pflegerischen Versorgung Schritt für Schritt zu verbessern. Die Professur ermöglichte es ihr auch, wissenschaftliche Erkenntnisse in den wissenschaftlichen Demografiebeirat der Landesregierung Rheinland-Pfalz sowie das Landesgremium Demenz einzubringen. Stemmer setzt sich unter anderem dafür ein, Hochschulabsolventinnen und -absolventen stärker in die hausarztnahe Patientenversorgung zu inte- grieren, um Wissenschaft und pflegerische Versorgung zu kombinieren.

Aktuell untersucht sie im Modellprojekt FAMOUS (und dem Folgeprojekt INSPIRE PNRM+) die selbstständige Versorgung von Patienten und Patientinnen mit Multimorbidität bzw. einer Parkinson-Erkrankung durch Advanced Practice Nurses (APNs). „Ich arbeite seit Jahren an und für dieses Projekt.“ Letztlich geht es ihr darum aufzuzeigen, dass auch in Deutschland funktionieren kann, was international längst Standard ist: die selbstständige Betreuung von Patienten durch Pflegefachpersonen. „Die Resonanz aller Beteiligten ist ausgesprochen positiv, das freut mich sehr.“

Beim Pflegetag behandeln gleich zwei Sessions das Thema APN. Auf beide Perspektiven freut sich Renate Stemmer: Einmal wird eine in Irland lebende Deutsche über ihre Erfahrungen als Nurse Practitioner berichten, außerdem stellen APNs ihren Arbeitsalltag im Modellprojekt FAMOUS vor.

Als Mitglied des Programmbeirats hat Renate Stemmer den Pflegetag inhaltlich mitgestaltet. Ihr Geheimtipp: Gendersensible Personalentwicklung in der Pflege – oder: Frauen in Führung! „Ich freue mich auf das vielfältige Programm, aber auch darauf, neue Menschen kennenzulernen und Bekannte wiederzusehen. Für mich ist der Pflegetag im positiven Sinne schon fast eine Art Familientreffen.“

Lesen Sie hier die digitale Ausgabe 34 des Magazins der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz:

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