Arbeitsüberlastung, knapp kalkulierte Personalschlüssel, unbesetzte Stellen infolge des Fachkräftemangels, Jahre an Berufserfahrung, Alkohol am Arbeitsplatz: Es gibt viele Faktoren, die darüber entscheiden, ob Patienten im Krankenhaus professionell und angemessen versorgt werden können oder nicht. Forscher der Universität Southampton in Großbritannien haben jetzt erstmals untersucht, ob und wie sehr sich die Zusammensetzung des Pflegepersonals auf Station auf das Sterberisiko von Patienten in der Zeit ihres Krankenhausaufenthalts auswirkt.
Niedrige Fachkraftquote: Mortalitätsrate steigt um 3 Prozent
Das wichtigste Resultat: An jedem Tag, an dem im Team einer Station examinierte und damit hochqualifizierte Krankenpflegepersonen schwächer vertreten waren als durchschnittlich der Fall, stieg die Mortalitätsrate der Patienten statistisch um drei Prozent.
Für die aktuelle Langzeitstudie werteten die Wissenschaftler Daten von 138.000 Patienten aus, die zwischen 2012 und 2015 in Krankenhäusern des englischen „National Health Service“ (NHS) stationär behandelt wurden; außerdem auch Personaldaten. Der Großteil der Patienten (79 Prozent) kam als Notfall ins Krankenhaus. Das Durchschnittsalter betrug 67 Jahre. 50 Prozent der Patienten litten nur an einer einzigen schweren Erkrankung, die andere Hälfte an mehreren. Die statistische Sterblichkeitsrate während des Aufenthalts im Krankenhaus lag für die untersuchte Gruppe bei 4,1 Prozent.
Höhere Sterblichkeitsrate, wenn es zu viele Aufnahmen gibt
Ursachen für dieser höhere Sterblichkeitsrate waren neben einer schwachen Präsenz der sogenannten „Registered Nurses“ (RN) eine kurzfristige Überlastung dieser Kräfte von mehr als 125 Prozent Arbeitsleistung durch eine große Zahl von neu aufgenommenen Akutpatienten. Mit dem Titel „Registered Nurse“ werden in Großbritannien examinierte Pflegefachpersonen mit Universitätsabschluss oder vergleichbarer Qualifikation bezeichnet.
Pflegehilfspersonal richtig dosieren
Gleichzeitig kann der Studie zufolge ein übermäßiger Einsatz von gering qualifiziertem Personal das Sterblichkeitsrisiko auf den Stationen erhöhen. Kurioserweise kommt die Studie zu dem Schluss, dass es für Patienten auch schädlich ist, wenn zu wenig Pflegehilfspersonal anwesend ist. Denn: „Eine angemessene Zahl an Assistenzpersonal ist wichtig, um die Patientensicherheit aufrechtzuerhalten.“ Entscheidend sei das innerhalb der Fachwelt definierte „optimale Niveau“.
Registered Nurse – jede Stunde zählt
Ebenso wie das Fehlen dieser hochqualifizierten Personen das Sterblichkeitsrisiko erhöhen kann, ist ihr überdurchschnittlicher Einsatz für einen Patienten dazu geeignet, die Mortalität zu senken. Jede zusätzliche Stunde, die sich eine hochqualifizierte Kraft oberhalb des für diese Station gemessenen Durchschnittswerts um einen Patienten kümmern konnte, reduzierte sich in den ersten fünf Tagen der stationären Behandlung dessen Sterblichkeitsrisiko um drei Prozent.
Autor: Adalbert Zehnder