Martina Krupp erinnert sich an eine Mitarbeiterin, die ihren Pflegeberuf aufgeben wollte, weil sie ihre Familie und die Schichtarbeit nicht unter einen Hut bringen konnte. Im Supermarkt wolle sie jetzt Geld verdienen, Regale einräumen oder an der Kasse sitzen. Die Pflegedienstleitung Seniorenzentrums war perplex: „Das Examen an den Nagel hängen, weil die Arbeitszeiten nicht passen? Auf keinen Fall wollte ich die erfahrene Pflegefachperson verlieren“, berichtet Martina Krupp. „Also habe ich mit unserem Einrichtungsleiter gesprochen, mit dem Team und der Wohnbereichsleitung. Durch gezielte Kommunikation, gute Planung und eine mitarbeiterorientierte, offene Kultur haben wir es dann hinbekommen, dass sie erst um 8.30 Uhr mit dem Dienst beginnt und am Wochenende in der Regel nicht arbeitet.“
Arbeitgeber setzen auf Familienfreundlichkeit im Pflegeberuf
Immer mehr Arbeitgeber in der Gesundheitsbranche erkennen, dass sie mit einer hohen Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei potenziellen Mitarbeitern punkten können. Für die Altenpflege kann der Pflegewissenschaftler Michael Isfort vom Deutschen Institut für Pflegeforschung (dip) dies mit einer Reihe aktueller Zahlen belegen: In seinem aktuellen Pflege-Thermometer 2018 gaben 56 Prozent aller teilnehmenden 1.067 Einrichtungen (beziehungsweise Leitungskräfte) der voll- und teilstationären Langzeitpflege an, flexible Arbeitszeiten anzubieten, bei 60 Prozent gibt es einen späteren Arbeitsbeginn für Mitarbeiter mit Kindern. Und: Mitarbeiter, die einen Angehörigen pflegen, erhalten immerhin in 30 Prozent der stationären und teilstationären Einrichtungen Unterstützung.
Ein Dienst pro Woche? Auch das geht
So flexibel wie das Seniorenzentrum St. Josef (105 Plätze) sind inzwischen viele Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. „Wir können zu Bewerbern und Mitarbeitern gar nicht mehr sagen: Bei uns werden nur ganze Schichten gearbeitet. Dafür ist der Fachkräftemangel viel zu gravierend“, sagt Alfred Stockinger, Pflegedirektor der Uniklinik Regensburg. Eine seiner Mitarbeiterinnen kommt sogar nur jeden Freitagnachmittag. Man lebe nunmal in einer Mangelverwaltung, gibt der Sprecher der BBT-Gruppe Martin Fuchs zu bedenken. „Es lassen sich noch nicht einmal alle Planstellen besetzen.“ Umso mehr bemühen sich Arbeitgeber, für ihre Mitarbeiter attraktiv zu sein und setzen auf Anreize wie flexible Arbeitszeiten, um etwa junge Mütter wieder früh in den Beruf zurückzuholen.
Autorin: Kirsten Gaede
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