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Foto: Illu: Hisha Nishiya / stock.adobe.com

Weiterbildung

Digitaler Unterricht – Tipps von

Wie funktioniert Weiterbildung, wenn der Präsensunterricht pandemiebedingt ausfällt? Im Pfalzklinikum und im Neustadter Bildungszentrum ist es gelungen, die Lehre zügig in den virtuellen Raum zu bringen. Wir haben bei drei Praktikern nachgefragt, wie eine gute Lösung aussehen kann.

Welche Weiterbildungen bieten Sie an?    

Annika Komendzinski: Seminare und Pflichtschulungen im klinischen Bereich sowie Weiterbildungen für die Mitarbeiter, unter anderem den Praxisanleiter-Kurs und die Fachweiterbildung Psychiatrische Pflege. Wir haben das Programm bis auf die körpernahen Schulungen für den medizinischen Notfall digitalisiert. 

Matthias Vogel-Heim: Wir bieten die Fachweiterbildung Intensivpflege und Pflege in der Anästhesie sowie die Funktionsweiterbildung Praxisanleitung an. In der Intensivpflege musste uns die Digitalisierung schnell gelingen, da wir sicherstellen wollten, dass die Veranstaltungen nicht zum Superspreading-Event werden. Viele unserer Teilnehmer hatten beruflich schon sehr früh Kontakt zu Covid-19.

Wo standen Sie beim E-Learning vor der Pandemie?    

Sebastian Löhlein: Schon vorher haben wir für zahlreiche pflegerische Themen E-Learning über eine externe digitale Lernplattform angeboten. Darauf laufen auch unsere Pflichtschulungen seit mehreren Jahren über Module. Coronabedingt haben wir neue Module selbst entwickelt oder dazugekauft.

Matthias Vogel-Heim: Wir hatten schon vor der Pandemie im Träger die Absicht, vermehrt auf Blended Learning zu setzen. Es existierte bereits eine Lernplattform. Die Umsetzung für Teile unserer Fachweiterbildung haben wir notgedrungen ein paar Monate vorgezogen.   

Hat Corona einen Digitalisierungsschub ausgelöst?  

Sebastian Löhlein: Ganz klar: ja. Auch wenn die Digitalisierung schon angestoßen war, hat Corona sie massiv beschleunigt. Die gesetzlichen Anforderungen an unser Personal (Fortbildungsverpflichtungen für Praxisanleiter oder Wundmanager) sind durch die Pandemie nicht verschwunden. Daher mussten wir Lösungen finden, wie wir sie trotzdem erfüllen können. 

Matthias Vogel-Heim: Ich persönlich möchte die Plattform nicht mehr missen. Dabei möchte ich betonen, dass ich im Blended Learning, also in der sinnvollen Verknüpfung zwischen computerbasiertem und Präsenzunterricht den größten Benefit sehe.

Welche Lernplattform setzen Sie ein?   

Sebastian Löhlein: Das Pfalzklinikum hat sich für zwei Videokonferenzsysteme – Cisco Webex und MS Teams – entschieden. Als E-Learning-Plattform nutzen wir seit Jahren CNE Thieme.

Matthias Vogel-Heim: Wir arbeiten derzeit mit einer Moodle-Plattform, in die die Konferenzsoftware Big Blue Button integriert ist.

Hat sich die digitale Lehre in der Krise bislang bewährt?

Annika Komendzinski: Unsere Dozenten wie unsere Mitarbeiter haben sich schneller als gedacht zurechtgefunden; es wurden zudem Einzelberatungstermine in Form von Train-the- Trainer angeboten. Auch Hybridveranstaltungen könnten unsere Zukunft sein.

Matthias Vogel-Heim: Distanzlernen ist für mich nur eine Notlösung. Gerade für Pflegepersonen ist eine gewisse Nähe wichtig, um eine Beziehung aufzubauen. Dies kann durch digitale Medien nur bedingt geleistet werden. Eine gute ausbalancierte Mischung der beiden Formate wäre das Optimum.

Welche Schwierigkeiten können beim E-Learning entstehen? 

Annika Komendzinski: Unsere Dozenten konnten anfangs nicht einschätzen, welche Abläufe und Methoden am effektivsten greifen. Hier gibt es mittlerweile einen Erfahrungsaustausch. Zu Beginn beobachteten wir bei den Teilnehmern eine Hemmschwelle, sich zu melden und vermeintlich „dumme“ Fragen zu stellen. Das ist zurückgegangen, da die Vorteile sichtbar werden und überwiegen. Matthias Vogel-Heim: Mich hat es Überwindung gekostet, mich in der Videokonferenz selbst zu sehen und zu hören. Denn im Präsenzunterricht nimmt man vor allem die Lernenden wahr und nicht sich selbst. Mittlerweile empfinde es sogar manchmal als lehrreich, mir selbst über die Schulter zu schauen. Ich kann aber auch gut nachvollziehen, warum sich einige Lernende nicht ganz so aktiv beteiligen. Es braucht manchmal ein etwas direktiveres Vorgehen, um sie aus der Reserve zu locken.

Bietet das digitale Lernen Vorteile gegenüber dem Präsenzunterricht?      

Annika Komendzinski: Aus Gründen der Work-Life-Balance, so unsere Erfahrung, führt das digitale Lernen zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit. In einer Abfrage sprachen sich Teilnehmer für flexible Zeiteinteilung und eigenverantwortliches Lernen aus. Hier erschließen sich für Eltern in Teilzeit neue Möglichkeiten bei der Vereinbarkeit von Fort- und Weiterbildungen, Beruf und Familienalltag. Aus betrieblicher Sicht ist die zeitliche und örtliche Flexibilität von Vorteil, da wir Mitarbeiter an 14 Standorten in der Süd- und Nordwestpfalz versorgen.

Matthias Vogel-Heim: Man kann mehr Rücksicht auf die individuellen Lerntempi nehmen. Auch die Lernangebote werden breiter. Viele Dinge, die man sonst eher in der Hinterhand behält, können über die Plattform einfach verlinkt werden. Man muss aber aufpassen, seine Erwartungen – auch was die Lernergebnisse angeht – klar zu kommunizieren, sonst kann es Lernende schnell überfordern.

Werden Abschlüsse aufgrund der Pandemie verschoben?  

Annika Komendzinski: Nach einer coronabedingt kompletten Neuplanung haben wir den Weiterbildungsabschluss bei unserem jetzigen Praxisanleiter-Kurs vier Monate später möglich gemacht.

Matthias Vogel-Heim: Für den Großteil der Fachweiterbildung Intensivpflege und Pflege in der Anästhesie sehe ich eine reelle Chance, sie ordnungsgemäß abzuschließen.

Beobachten Sie im Vergleich zur Präsenzlehre beim E-Learning mehr Teilnehmer, die abbrechen oder verlängern?  

Annika Komendzinski: Beim Weiterbildungskurs hatten wir glücklicherweise keinen Abbruch. Unser Ziel ist, auch ein Augenmerk auf die Betreuung von Kandidaten mit Schwierigkeiten zu haben, um sie nicht zu verlieren.

Matthias Vogel-Heim: Die Angst besteht schon, dass bei Einzelnen etwa technische Probleme zu Frustration führen und sie deswegen abbrechen könnten. Solche Entwicklungen erkennt man durch die digitale Distanz leider nicht so einfach. Mir fehlt oft „die hochgezogene Augenbraue“ oder „das Stirnrunzeln“ oder das persönliche Gespräch zwischen Tür und Angel.

Was können Teilnehmer bei Problemen mit einer digitalen Schulung tun?      

Sebastian Löhlein: Schon mit ihrer Anmeldebestätigung erhalten unsere Teilnehmenden eine Kurzanleitung, sodass wir vorab technische Fragen beantworten können. Zugleich kommunizieren wir unser Beratungsangebot. Die Gruppe wird von einem Bildungsreferenten begleitet, und auch der Austausch untereinander mithilfe der technischen Tools unterstützt.

Matthias Vogel-Heim: Neben den üblichen Kontaktmöglichkeiten habe ich Sprechzeiten für Praxis- oder Lernbegleitung eingerichtet. Dabei ist von Vorteil, dass ich für die Lernplattform entsprechende Rechte habe, um administrative Probleme selbst zu lösen.

Und was raten Sie Weiterbildungsstätten, die Probleme mit der Digitalisierung haben? 

Matthias Vogel-Heim: Bauen Sie einen guten Kontakt zum Anbieter der Plattform auf und bündeln Sie Anfragen. Dazu wurde in unserem Träger eigens eine Stelle geschaffen, die übergeordnete Projekte koordiniert. Außerdem: Solange Allgemeinbildung und pädagogische Studiengänge dem digitalen Lernen nicht die nötige Aufmerksamkeit widmen, müssen Kompetenzen anderweitig aufgebaut werden. Dabei ist vor allem Netzwerkarbeit wichtig. Miteinander und voneinander zu lernen, gilt nicht nur für die Weiterbildungsteilnehmer, sondern vor allem für uns als Lehrende!   (lin)

Sebastian Löhlein ist stellvertretender Leiter der Betrieblichen Bildung des Pfalzklinikums für Psychiatrie und Neurologie in Klingenmünster.

Matthias Vogel-Heim ist Leiter der Weiterbildungsstätte und Kursleiter Fachweiterbildung Intensivpflege und Pflege in der Anästhesie im Bildungszentrum für Berufe im Gesundheitswesen in Neustadt an der Weinstraße.

Annika Komendzinski, Bildungsreferentin im Fort- und Weiterbildungsinstitut des Pfalzklinikums für Psychiatrie und Neurologie in Klingenmünster.

Mehr über die Arbeit der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz lesen Sie in Ausgabe #23 des Kammermagazins.

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