Wie sich die Zeiten ändern. Ein Blick ins Internet lohnt, wenn man sich beispielsweise die Entwicklungsgeschichte einer Bayerischen Pflegekammer ansehen möchte: Ein gewisser Dr. Markus Söder, im Jahr 2011 noch Minister für Umwelt und Gesundheit in Bayern, ruft ein Bündnis zur Gründung einer Pflegekammer aus. Bayern sollte eine Pflegekammer bekommen, die erste bundesweit.
Dreht man das Zeitenrad nun zehn Jahre weiter, sieht man, was sich verändert hat: Dr. Markus Söder ist Ministerpräsident in Bayern, die erste Pflegekammer wurde in Rheinland-Pfalz gegründet und zwei weitere Landespflegekammern in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurden inzwischen abgewickelt.
Was sagt uns das? Politische Pläne und Vorhaben brauchen Zeit. Sie sind aber auch veränderbar: Während die bayerischen Pflegenden mit einer Vereinigung mit freiwilliger Mitgliedschaft abgespeist wurden, blicke ich regelmäßig neidisch nach Mainz, wo es ein rheinland-pfälzisches Pflegeparlament gibt. Es beschäftigt sich intensiv mit Weiterbildungsordnungen und hat sogar schon eine Berufsordnung verabschiedet. Es geht dort
um all das, was Berufsständen Macht und Autonomie verleiht.
Der Weg der Pflegekammer Rheinland-Pfalz zeigt: Die Pflege-Profession muss ihre politischen Pläne hartnäckig und ununterbrochen verfolgen. Es gilt, das Interesse der Berufsgruppe zu stärken. Das ist so wichtig, weil anderenfalls andere Interessen in der politischen Arena (laut)stark werden und das Erreichte gefährden. Eine starke berufsständische Vertretung ist aber in der Pflege – wie in allen anderen Branchen – nur möglich, wenn alle (wirklich alle) Berufsangehörigen Mitglied der Pflegekammer sind. Die Kammern sind politisch entscheidend: Nur durch sie ist es möglich, Mitsprache zu erlangen.
Politisches Kalkül und die Instrumentalisierung einzelner Berufsangehöriger reichen für Mitsprache nicht aus. Das Beispiel Bayern zeigt, dass eine Interessenvertretung ohne Berufsgruppe lediglich das exklusive Interesse eines Clubs vertritt, selbst wenn sie staatliche Durchsetzungsaufgaben übernimmt.
So hoffe ich auf das Zeitenrad und dass sich in einigen Jahren die Dinge auch in Bayern fügen mögen, nach dem erfolgreichen Beispiel Rheinland-Pfalz. Mir bleibt die Hoffnung, dass ich eines Tages die freiwillige Mitgliedschaft in Rheinland-Pfalz aufgeben und Pflichtmitglied einer echten bayerischen Pflegekammer werd
Dieser Artikel ist im September 2022 in der Ausgabe 30 des Magazins der Pflegekammer Rheinland-Pfalz erschienen. Hier können Sie ihn sich runterladen – oder noch weiter unten – einen Blick in die gesamte Ausgabe werfen!