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Foto: Aniket Bhattachary / unsplash

Betreuungsrecht

Das eheliche Notvertretungsrecht

Ist ein Patient nicht mehr in der Lage, selbst eine Entscheidung zu treffen, kann das jetzt unter Umständen der Ehepartner übernehmen.

„Bisher durften auch Verheiratete für den anderen nur dann bestimmen, wenn eine Vorsorgevollmacht vorlag oder der Partner zum rechtlichen Betreuer bestellt wurde“, sagt Hubert Klein. Das neue Notvertretungsrecht für Ehegatten (§ 1358 BGB) sieht nun für eine Dauer von sechs Monaten eine Vertretung auch ohne diese Formalien vor. Sollte sich der Patient nicht bereits zuvor mündlich oder schriftlich zu seinen Behandlungsvorstellungen geäußert haben, muss der Ehepartner seine Entscheidungen nach dessen mutmaßlichen Wünschen treffen.

Im Zuge des ehelichen Vertretungsrechts kann der Partner:

  • In medizinische Untersuchungen, Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe einwilligen oder sie ablehnen. Die Ablehnung wichtiger Behandlungen ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts möglich.
  • Sich über den Gesundheitszustand des Ehepartners mit Ärzten austauschen (Ärzte sind dann von der Schweigepflicht entbunden).
  • Erforderliche Verträge wie beispielsweise Behandlungs- oder Pflegeverträge abschließen.bei der Pflegekasse einen Antrag auf einen Pflegegrad oder eine Erhöhung des bestehenden Pflegegrades stellen.
  • Für die Höchstdauer von sechs Wochen in unterbringungsähnliche Maßnahmen einwilligen (mit zusätzlicher Genehmigung des Betreuungsgerichts).
  • Finanzielle Ansprüche des Patienten geltend machen, die aufgrund der Erkrankung bestehen.
  • für den Ehepartner Pflegeleistungen bezahlen.

Ist der Patient länger als ein halbes Jahr entscheidungsunfähig, muss das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer bestellen. Diese Funktion kann dann auch der Ehepartner übernehmen. Dafür sollte er den Antrag bereits frühzeitig während der sechsmonatigen Notbetreuung einreichen.

Nach sechs Monaten wird neu entschieden

„Das eheliche Vertretungsrecht kommt als Erstes bei dem Arzt zur Anwendung, der den Patienten im akuten Fall behandelt“, erklärt Hubert Klein. „Der Arzt muss gemäß § 1358 Absatz 4 BGB schriftlich dokumentieren, ab welchem Zeitpunkt das Vertretungsrecht anläuft.“ In der Bestätigung müssten zudem die Voraussetzungen (§ 1358 Absatz 1 BGB) festgehalten werden, die es zum Tragen bringen. Der Ehepartner müsse zuvor schriftlich versichern, dass er die Voraussetzungen erfüllt, dass er sein Vertretungsrecht für die vorliegende Erkrankung bislang noch nicht ausgeübt hat und dass keine Ausschlussgründe (§ 1358 Absatz 3 BGB) vorliegen. „Das maximal sechsmonatige Vertretungsrecht beginnt nicht bei jedem Arzt wieder neu“, führt Hubert Klein aus. „Lag die Entscheidungsunfähigkeit aufgrund der aktuellen Erkrankung schon früher vor und hat sich der Ehegatte bereits zu diesem früheren Zeitpunkt das Vertretungsrecht ärztlich für ein halbes Jahr feststellen und dokumentieren lassen, ist dies nicht noch einmal möglich.“ Es brauche dann die Einleitung einer rechtlichen Betreuung.

Weitere Ausschlussgründe sind:

– Das Ehepaar lebt getrennt.

–  Der Patient hat in einer Vollmacht jemand anderen beauftragt.

– Der Ehepartner ist gesundheitlich ebenfalls nicht entscheidungsfähig.

– Es gibt einen gerichtlich bestellten Betreuer.

Info

Achtung: Das Notbetreuungsrecht gilt ausschließlich für Ehepartner beziehungsweise eingetragene Lebenspartner. Kinder oder sonstige nahe Verwandte können es nicht in Anspruch nehmen. Sie müssen dafür mit einer Vorsorgevollmacht ausgestattet sein oder vom Betreuungsgericht zum Betreuer bestellt werden. (mt)

Neue Struktur im Bürgerlichen Gesetzbuch Teilweise hat sich nach der Reform die Einteilung der Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geändert. Bisher trug das Betreuungsrecht die Paragrafen 1896 – 1908i BGB, jetzt ist es unter § 1814 – 1881 BGB zu finden.

Lesen Sie hier die digitale Ausgabe 32 des Magazins der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz:

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