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Foto: Cecilie_Arcurs

Generalistik

Altenpflege wird Pflege zweiter Klasse

Generalistik auf den Kopf gestellt: Für die Altenpflege plant das Kabinett einen eigenen, weniger anspruchsvollen Abschluss.

Die generalistische, sprich, gemeinsame Pflegeausbildung ist heute Standard in Europa. In Deutschland hingegen hat es bisher jeweils eine Ausbildung für Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege gegeben. Viele Organisationen, Verbände und berufspolitisch Aktive wollen dies seit Jahren ändern: um europäisches Niveau und Anschlussfähigkeit herzustellen und die Altenpflege aufzuwerten. An Auszubildende mit Schwerpunkt Altenpflege sollten deshalb, so ihr Konsens, die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an die Kollegen aus der Krankenpflege. Dadurch sollen alte pflegebedürftige Menschen qualitativ hochwertig gepflegt werden und Altenpflegefachpersonen besser verdienen. Die Folge: Mehr junge Menschen würden sich für die Altenpflege entscheiden und die Personalnöte gelindert.

An dem ursprünglichen Plan einer gemeinsamen Ausbildung hat sich nun zweierlei geändert: Seit Sommer 2017 ist eine Spezialisierung auf Altenpflege und Kinderkrankenpflege ab dem dritten Ausbildungsjahr möglich – neben der eigentlichen generalistischen Ausbildung. Mit einem weiteren Beschluss zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung hat das Bundeskabinett die Generalistik am 13. Juni 2018 nun komplett auf den Kopf gestellt: Für die spezialisierte Ausbildung in der Altenpflege soll es einen gesonderten, weniger qualifizierten Abschluss geben.

Angst um Hauptschüler?

Die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz sieht damit „die elementaren Bestandteile einer an Versorgungsqualität ausgerechteten Pflegeausbildung den wirtschaftlichen Interessen von Arbeitgeberverbänden preisgegeben“. Zu diesen zählt etwa der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Dieser befürchtet, viele Hauptschüler würden es bei den gestiegenen Ansprüchen an die Ausbildung künftig vielleicht nur noch bis zur Zwischenprüfung schaffen. Dr. Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer: „Der Pflegeberuf ist hochkomplex und anspruchsvoll. Eine zukunftsfähige Ausbildung muss diesen Ansprüchen genügen.“ Vorstandsmitglied Hans-Josef Börsch ergänzt: „Es ist bedenklich, wenn der Einstieg in die Altenpflege ohne ausreichende Mindestqualifikation erfolgen kann wie jetzt in Hessen. Dies kann das Risiko der Gewalt in der Pflege erhöhen. In der Altenpflege müssen Kompetenzen, wie verstehende Demenzdiagnostik, gewaltfreie Kommunikation und professioneller Umgang mit herausforderndem Verhalten, Grundvoraussetzung sein.“

Am 25. Juni gab es eine Anhörung zu diesem Thema, in den nächsten Wochen stimmt der Bundestag über die Verordnung ab. Anschließend muss sie noch den Bundesrat passieren.

Autorin: Kirsten Gaede

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